The Great Transformation

In den vergangenen Wochen habe ich „The Great Transformation“ von Karl Polanyi gelesen.  Das Buch wirkt auf mich wie eine seltsam hin und her ruckelnde Zeitmaschine. Das kommt vor allem daher, dass „freie Märkte“ als Phänomen der Vergangenheit behandelt werden. Das Buch wurde zuerst 1944 veröffentlicht und Polanyi scheint überzeugt, dass die Idee selbstregulierender Märkte auf dem Kehrichthaufen der Geschichte gelandet ist.

Er beschreibt die historisch einmalige Entwicklung der industriellen Gesellschaft in England, die in weniger als 100 Jahren die ganze Welt erfasst und jeden Landstrich mehr oder weniger stark beeinflusst hat. Dabei verfolgt er den Aufstieg der Vorstellung, dass die Wirtschaft ein System sich selbst regulierender Märkte sei, das weitgehend von der Politik getrennt sein sollte. Diese liberale Idee habe die große Transformation zur Marktgesellschaft hin begleitet und sei schon immer eine „krasse Utopie“ gewesen, die sich für Gesellschaften als höchst zerstörerisch erweist.

Arbeit, Boden und Geld werden in der Marktgesellschaft zu Waren erklärt, was sie aber nicht sind, da sie nicht für den Verkauf hergestellt wurden. Daher spricht er von „fiktiven Waren“. Würden diese drei Dinge tatsächlich ausschließlich als Waren behandelt, müsste die Gesellschaft zerrissen und die Umwelt unweigerlich vernichtet werden.

Daher hätten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts die verschiedensten gesellschaftlichen Kräfte immer wieder gegen die Verheerungen der freien Märkte gestemmt und ihre Entwicklung teilweise entscheidend entschleunigt. In den 1930er Jahren sei das internationale Marktsystem aufgrund dieser inneren Spannungen schließlich zerbrochen. Für die Zukunft gibt sich Polanyi durchaus hoffnungsvoll und ist überzeugt, dass das Schlimmste am Zusammenbruch der Marktgesellschaft bereits ausgestanden sei. Mit dem seit den 1970er Jahren einsetzenden Neoliberalismus hat er nicht gerechnet.