Zitate

Angreifen

„Nichts fürchtet der Mensch mehr als die Berührung durch Unbekanntes. Man will sehen, was nach einem greift, man will es erkennen oder zumindest einreihen können. Überall weicht der Mensch der Berührung durch Fremdes aus. Nachts oder im Dunkel überhaupt kann der Schrecken über eine unerwartete Berührung sich ins Panische steigern. Nicht einmal die Kleider gewähren einem Sicherheit genug; wie leicht sind sie zu zerreißen, wie leicht ist es, bis zum nackten, glatten, wehrlosen Fleisch des Angegriffenen durchzudringen. Alle Abstände, die die Menschen um sich geschaffen haben, sind von dieser Berührungsfurcht diktiert.“

Elias Canetti 1960, Masse und Macht

plus ça change…

„See, we are just like Rome. Our legislatures are corrupt; our politicians are unprincipled; our rich men are ambitious and unscrupulous. Our newspapers have been purchased and gagged; our colleges have been bribed; our churches have been cowed. Our masses are sinking into degradation and misery; our ruling classes are becoming wanton and cynical.“

Upton Sinclair, 1908

Welt als Spiel

„Was euch existieren läßt, ist nicht die Kraft eures Begehrens (das energetische und ökonomische Imaginäre des 19. Jahrhunderts), sondern das Spiel der Welt und der Verführung, es ist die Leidenschaft, zu spielen und mit sich spielen zu lassen, die Leidenschaft der Illusion und des Scheins – es ist das, was von außen kommt, von den anderen, aus ihren Gesichtern, was euch verwirrt und überlistet, was euch zwingt zu existieren, es ist die Begegnung mit dem und die Überraschung über das, was vor euch, außerhalb von euch und ohne euch existiert – es ist die wunderbare Exteriorität des reinen Objekts, des reinen Ereignisses, welches sich ereignet, ohne daß ihr etwas dazu beitragt – welche Erleichterung letztendlich – nur darin liegt etwas, was euch verführt: man hat uns viel zu sehr bedrängt, die Ursache aller Dinge zu sein und für alles eine Ursache zu finden. Ein mineralisches Objekt, das Ereignis einer Sonnenwende, ein sinnliches Objekt, eine verwüstete Form – all das verführt euch, denn es hat nichts mit eurer Wunschökonomie zu tun, und es verführt euch, weil der Mensch, der nur in seinem eigenen Wesen existiert, nichts ist und nur existiert, um außerhalb seiner selbst im Spiel der Welt und im Rausch der Verführung geschaffen zu werden.“

Jean Baudrillard, Die fatalen Strategien

Hufeisen

„In der Nähe unseres Ferienhauses in Tisvilde wohnt ein Mann, der hat über der Eingangstür seines Hauses ein Hufeisen angebracht, das nach einem alten Volksglauben Glück bringen soll. Als ein Bekannter ihn fragte: ‹Aber bist du denn so abergläubisch? Glaubst du wirklich, dass das Hufeisen dir Glück bringt?›, antwortete er: ‹Natürlich nicht; aber man sagt doch, dass es auch dann hilft, wenn man nicht daran glaubt.“

Werner Heisenberg via Nils Bohr

Glückliche Kritiker

„Das Vertrauen zum Leben ist dahin: das Leben selbst wurde zum Problem. — Möge man ja nicht glauben, dass Einer damit nothwendig zum Düsterling geworden sei! Selbst die Liebe zum Leben ist noch möglich, — nur liebt man anders. Es ist die Liebe zu einem Weibe, das uns Zweifel macht… Der Reiz alles Problematischen, die Freude am X ist aber bei solchen geistigeren, vergeistigteren Menschen zu gross, als dass diese Freude nicht immer wieder wie eine helle Gluth über alle Noth des Problematischen, über alle Gefahr der Unsicherheit, selbst über die Eifersucht des Liebenden zusammenschlüge. Wir kennen ein neues Glück…“

Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft

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The Big Eye

„The earthlings behaved at all times as though there were a big eye in the sky. As though that big eye was ravenous for entertainment. The big eye was a great glutton for big theater. The big eye was indifferent as to whether the shows were comedy, tragedy, farce, satire, athletics or vaudeville. It’s demand, which earthlings apparently found as irresistible as gravity, was that the shows be great.“

Kurt Vonnegut, 1959. The Sirens of Titan.

Dreams of Amputation

„It is not a narrative of decline or of progress, although having the two sides was no small comfort to most. If it is to be viewed as a tale of our ascendance, then it should be compared to the enchanted climb of the cordyceps-infested ant, as alone in the canopy we sit, our bodies little more than roots to a deranging idea still in hibernation. The bony growth will one day erupt through my skin and discharge its poisonous spores aloft with me attached to them; I will ride my way out of here on the back of a toxin puff, each of its spores wearing my smile forever. “

Gary J. Shipley, 2013. Dreams Of Amputation. (20)