Die Digitalisierung der Gesellschaft wird wohl früher oder später den Abschied vom Bargeld bringen. Das scheint nur Wenige aufzuregen, denn wer könnte sich noch eine Zukunft vorstellen, in der nicht nur noch elektronisch bezahlt wird?
Das Hauptargument für den Abschied vom Bargeld ist der Kampf gegen Kriminalität und Geldwäsche, es geht um Sicherheit – als würden die ungerechtesten Transaktionen nicht vor aller Augen stattfinden. Ich denke mit dem Verschwinden des Bargelds wird sich auch ein ganz bestimmter Traum von Freiheit auflösen, auf den folgenden Generationen neidisch sein werden.
Wie viele Filme gibt es wohl, in denen ein Koffer oder sonst ein Behälter voller kleiner, unmarkierter Scheine eine zentrale Rolle spielt? Der Koffer voller Bargeld verspricht unbegrenzten Zugang zu einer Welt voller Waren und Dienstleistungen. Wer ihn am Ende des Films besitzt, idealerweise die sympathsichen Underdogs, kann sich über ein Happy End mit Palmen und Cocktails freuen.
Der Koffer voller kleiner Scheine verkörpert möglicherweise das höchste Glücksversprechen des Kapitalismus im 20. Jahrhundert. Das mag man flach und materialistisch finden, doch der Koffer besitzt einen wunderbar freiheitlichen Aspekt. Er ist meistens die Beute aus irgendeinem Verbrechen, doch er kennt seine eigene Vergangenheit nicht. Wer immer ihn in Händen hält, kann das Glück in Warenform besitzen. Die Scheine besitzen eine gedächtnislose Unschuld. Alle werden sie akzeptieren, egal woher sie kommen. Nur die Anonymität des Bargeldes kann die Underdogs zu den Gewinnern machen.
Die größten Gewinne wurden wohl schon immer mit virtuellem Geld – Kredit und Schulden – gemacht. Dass der Traum vom Bargeld bereits Vergangenheit ist, lässt sich auf vielerlei Weise erkennen. Große Mengen davon fallen unter alle möglichen Regelungen und können wahrscheinlich nur noch mit Hilfe staatlicher Akteure bewegt werden. Welche Probleme große Mengen Bargeld für Privatpersonen bedeuten, wird beispielhaft in Breaking Bad beschrieben.
Kurz, Bargeld ist das einzige Geld ohne Datenspur und bietet dadurch Spielräume, die in Zeiten allumfassender Speicherung im Dienste der Sicherheit verschwinden werden. Die frühe Menscheit war froh, wenn überhaupt etwas aufgezeichnet werden konnte, die späte Menschheit wird sich wohl nach unaufgezeichneten Bereichen sehnen.