Postmoderne und Neo-Liberalismus

David Graeber gibt eine schön überspitzte Zusammenstellung zweier Trends in Geisteswissenschaften und ökonomischer Ideologie, die ab den 80ern wichtig wurden.

Postmoderne

  1. Wir leben in einer Zeit der Postmoderne. Die Welt hat sich verändert; dafür kann niemand was, es ist in einem unaufhaltsamen Prozess einfach passiert; deswegen können wir auch nichts dagegen unternehmen, sondern müssen uns schlicht an die neuen Bedingungen anpassen.

  2. Eine Folge unserer Postmodernität ist, dass sich Modelle, die auf eine Veränderung der Welt oder der menschlichen Gesellschaft durch kollektives politisches Handeln zielen, nicht mehr verwirklichen lassen. Die Realität ist aufgesplittert und fragmentiert; außerdem sind solche Modelle entweder unrealistisch oder sie führen zu totalitären Schreckensszenarien.

  3. Obwohl man den Eindruck gewinnen könnte, es bliebe nur noch wenig Spielraum für geschichtswirksames menschliches Handeln, gibt es keinen Grund zur Verzweiflung. Legitimes politisches Handeln ist weiterhin möglich, vorausgesetzt es findet auf der persönlichen Ebene statt: in der Herausbildung subversiver Identitäten, durch kreative Formen des Konsums und anderes mehr. Solches Handeln ist in sich politisch und hat potentiell befreiende Wirkung.

Neo-Liberalismus

  1. Wir leben in einer Zeit des globalen Markts. Die Welt hat sich verändert; dafür kann niemand was, es ist in einem unaufhaltsamen Prozess einfach passiert; deswegen können wir auch nichts dagegen unternehmen, sondern müssen uns schlicht an die neuen Bedingungen anpassen.

  2. Eine Folge davon ist, dass sich Modelle, die auf eine Veränderung der Gesellschaft durch kollektives politisches Handeln zielen, nicht mehr verwirklichen lassen. Revolutionäre Träume haben sich als unrealistisch erwiesen oder – schlimmer noch – lassen totalitäre Schreckensszenarien wahr werden; sogar die Vorstellung, die menschliche Gesellschaft durch politische Wahlen zu verändern, muss heute im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ aufgegeben werden.

  3. Selbst wenn man den Eindruck gewinnen könnte, das ließe der Demokratie nur noch wenig Spielraum, gibt es keinen Grund zur Verzweiflung: Marktverhalten und vor allem die individuellen Konsumentscheidungen sind Demokratie; eigentlich brauchen wir gar nicht mehr Demokratie.